… Wir haben immer in der Stadt gelebt. Doch irgendwann 2017 entwickeln wir die Idee: Wir wollen ein Haus mit ein bisschen Grund und Boden drumherum. Für uns, für die Kinder, für Freunde und Familie. Falls wir dafür ein neues Haus bauen müssen, soll es möglichst nachhaltig sein – in allen Belangen: Herstellung, Energie- und Wohnkonzept, Lebensführung. Unser Suchgebiet liegt nördlich von Hamburg, am Rand der holsteinischen Geest, im Herzen von Schleswig-Holstein. Schließlich finden wir im Frühjahr 2018 ein wunderschön gelegenes Grundstück mit einem alten Haus darauf, beides allerdings sehr vermüllt und heruntergekommen. Der Zustand drückt den Preis so sehr, dass wir nicht lange überlegen. So gelangen wir ins Auenland von Bad Bramstedt, gleich neben dem Kurgebiet.

Unser Glück, dass wir nicht lange überlegt haben, ob wir es uns wirklich zutrauen, das Grundstück wieder zum Leben zu erwecken. Denn die Renaturierung dauert ein gutes Jahr. Jedes Wochenende und viele Feiertage sammle ich Schutt und Müll vom Grundstück: alte Gehwegplatten, Knochen, Plastik, Styropor Glas, Mauerreste, tote Ratten und noch sehr viel mehr. Es ist anstrengend und oft ziemlich eklig. Insgesamt fülle ich acht große Container mit Unrat. Anschließend werden beide Schuppen und das Haus abgerissen. Ich harke währenddessen immer wieder den Schutt zusammen, um die Auswirkungen auf den Boden gering zu halten und sicher zu sein, dass möglichst alle kleinen Scherben, Plastikschnipsel und Betonkrümel entsorgt werden. Im Herbst 2019 ist es dann endlich geschafft. Das Grundstück ist renaturiert und wir können mit dem Bau beginnen …
Die Ausgangslage:

Wir wollen möglichst nachhaltig bauen, um den Beitrag unseres Handelns auf das Klima gering zu halten. Uns ist bewusst, dass der Abriss mit einem Bagger erfolgt und dass für den Transport des Bauschutts und des Materials große Lkws nötig sind. All diese Maschinen verbrauchen Diesel und erzeugen somit klimaschädliches CO2 (unter anderem). Zudem wissen wir, dass Bauschutt etwas mehr als die Hälfte des gesamten Abfalls in Deutschland ausmacht.
Abseits dieser Tatsachen bemühen wir uns möglichst klimafreundlich zu bauen. Das bedeutet unter anderem, dass kaum Beton verwendet werden soll. Denn bei der Herstellung und Verarbeitung von Beton für und in Deutschland wird mehr CO2 freigesetzt als im gesamten Flugverkehr weltweit. Also kein Keller und auch keine Bodenplatte (Link zum Punkt Fundament), sondern mindestens ein Streifenfundament oder gar ein Punktfundament aus Schraubankern. Deren Herstellung ist zwar ebenfalls nicht klimaneutral, aber (so vermuten wir) in der Bilanz noch am besten.
Bei den Wänden wollen wir auf jeden Fall Holz verwenden, da es CO2 speichert, solange das Haus besteht. Es soll aber kein Blockhaus werden, denn runde Bohlen gefallen uns nicht. Und bei leimgebundenem Vollholz haben wir die Sorge, dass aus dem Leim über die Jahrzehnte Giftstoffe austreten könnten. Selbstverständlich gibt es Firmen, die nicht verleimtes Vollholz anbieten. Sie bauen etwa mit Holz100 (Link zu www.thoma.at) von Erwin Thoma oder auch mit eigenen Entwicklungen, die ohne Leim funktionieren. Leider liegen alle diese Möglichkeiten damals außerhalb unseres Budgets. Es mag sein, dass sich die Preise in den vergangenen Jahren verbessert haben. Was uns seinerzeit bleibt, ist ein Haus in Holzständerbauweise zu bauen.

Die konkrete Planung:
Wie aber soll das Haus aussehen? Die Vorgaben aus dem Bebauungsplan lassen viel Freiraum: Satteldach, Walmdach oder Krüppelwalmdach, Ziegel oder Steine als Eindeckung, maximal elf Meter Firsthöhe, maximal 140 Quadratmeter Grundfläche. So lauten die wesentlichen Angaben.
Also suchen wir auf Pinterest, Insta und Co. nach Inspiration und geeigneten Vorlagen für unser Holzhaus und werden schnell fündig:

12×6 Meter Innenmaß
35 Grad Dachneigung
Kaum Dachüberstand
2 Stockwerke
3 Meter Deckenhöhe im EG
2,50 Meter Drempel-Höhe im OG
Außenfassade in Bodendeckelschalung Lärche naturbelassen.
Innenwände und Fußboden ebenfalls aus Holz.
Alle Räume, Abmessungen, Fenster, Farben, Leuchten etc. halten wir möglichst symmetrisch und eher im Stil des Bauhaus. Dadurch wird das Projekt trotz seiner Komplexität gut planbar.
Welche Firma baut unser Haus?
Der erste Eindruck aus der Social-Media-Recherche: Moderne Holzhäuser liegen im Trend und werden quasi überall gebaut. Daher vermuten wir, dass es zahlreiche Firmen gibt, mit denen wir unser nachhaltiges Konzept realisieren können. Tatsächlich gibt es zahlreiche Unternehmen – in Skandinavien, Süddeutschland, Österreich, der Schweiz und Norditalien. Schleswig-Holstein aber ist fest in „Klinkerhand“ und die Zimmereibetriebe, die Holzhäuser bauen, sind entsprechend rar. Wer zudem ein solides Unternehmen benötigt, das auch ungewöhnliche Konzepte nicht einfach nur baut, sondern auch mit- und weiterdenkt, der muss ein bisschen länger suchen.

Eine sehr gute Quelle für nachhaltige und zukunftsweisende Baufirmen ist 81fünf.
Wir finden die Firma Johnsen und sind von Beginn an sehr zufrieden und glücklich mit unserer Wahl. Das Familienunternehmen mit gut zwei Dutzend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird von Andreas Johnsen und seinem Sohn Felix geführt. Hier stimmt für uns von Beginn an alles: Planung, Entwicklung, Ideenreichtum, Handwerk, Nachhaltigkeit, Qualität, Menschlichkeit, Zuverlässigkeit, Zeiträume, Transparenz, Erreichbarkeit und Preise. Und die Ansprache zum Richtfest ist der Hammer.
Strom und Heizung:
Wir wollen unser Haus ausschließlich über eine Photovoltaik-Anlage sowie einen Stromspeicher mit Energie versorgen. Die Photovoltaik-Anlage ist bereits auf dem Dach. Der Speicher wird möglichst zeitnah folgen. Grundsätzlich aber lautet das Konzept: Warmwasser erhalten wir durch zwei Durchlauferhitzer und wir heizen mit elektrischen Infrarotheizungen sowie einem Kaminofen mit zwei Speichersteinen.

Der Hase Sendai Pro 165 liefert 6,5 kW Wärmeleistung. Durch den Hausbau sowie reichlich Altholz von den Bäumen auf dem Grundstück haben wir genügend Material, um den Kaminofen zu befeuern. Er wärmt selbst im Januar binnen einer Stunde das gesamte Haus.
Ein weiterer Vorteil: Holz bietet herausragend gute Dämmwerte. Zudem haben wir durch die Vertäfelung der Innenwände mit Holz keinerlei Kälteabstrahlung der Oberflächen in den Raum. Dazu kommen die relativ großen Fenster im Erdgeschoss.
All das sorgt im Verbund dafür, dass selbst an sehr kalten Wintertagen bei Sonnenschein eine gewisse Grundwärme im Haus vorhanden ist und die Heizkosten entsprechend gering ausfallen.
Die Photovoltaik-Anlage:
Nach einer längeren Recherche haben wir uns für die Firma SolConsult entschieden. Beratung und Preise waren sehr gut, die Wartezeit bis zur Ausführung betrug gerade einmal 48 Stunden! Wir haben 23 Solarmodule von Jinko Solar auf der Dachseite, die mit 35 Grad Schräglage nach Südsüdost ausgerichtet ist. Die nicht durch Bäume o.ä. verschattete Anlage liefert maximal 7,48 kWp. Nach einem Jahr hat die Anlage etwas über 8500 kWh erzeugt. Und wir haben etwa 5000 kWh verbraucht. Somit benötigen wir zeitnah einen Stromspeicher, der auch als Hauskraftwerk funktioniert, da wir dadurch weniger abhängig sind vom Stromnetz. Das heißt: Unser Strombedarf wird dann zumindest in den sonnigeren Monaten ausschließlich aus dem Speicher entnommen. Lediglich wenn dieser leer ist, greift die Anlage auf das örtliche Netz zurück. Und was, wenn die Anlage zu 100 Prozent gefüllt ist? Dann wird der Strom ins Netz eingespeist.
Derzeit tendieren wir zu einem Speicher von E3/DC. Allerdings haben sich durch die Entwicklungen der letzten Zeit Preise und Lieferzeiten deutlich verändert.

Das Fundament:

Um Beton zu vermeiden und auch die Bodenversiegelung möglichst gering zu halten, planen wir zunächst mit einem Punktfundament. Die Idee: 18 Schraubanker werden in den Boden gebracht: drei Reihen mit je sechs Verbindungen. Hier ist etwa die Firma Krinner zu nennen, die bereits zahlreiche Gebäude mit einem solchen Fundament ausgestattet hat. Auf den Schraubankern gründet eine Bodenplatte, hergestellt als Balkendecke . Leider können wir die Variante mit den Punktfundamenten nicht realisieren, da die statische Prüfung ergibt, dass mehr als doppelt so viele Schraubanker benötigt werden – bei entsprechend höheren Kosten. Daher weichen wir auf ein Streifenfundament aus auf dem die Bodenplatte liegt.
Die Bodenplatte:

Das Fundament ragt etwa 30 Zentimeter aus dem Baugrund. Auf dem Beton liegt die Bodenplatte. Der gesamte Boden ist dann wie folgt aufgebaut:
■ Eichenbohle (Vollholz als Diele)
■ Holzfaserdämmplatte mit Lattung
■ CW2000-Schüttung
■ Diagonalschalung
■ Holzbalkenkonstruktion mit Zellulosedämmung
■ Zementgebundene Spanplatte
Wir haben somit keine Fußbodenheizung und auch keine Styrodyr-Schicht oder ähnliches. Doch inzwischen wohnen wir seit mehr als einem Jahr in unserem Haus und es war noch keinen einzigen Tag kalt oder ungemütlich. Die Dämmwerte dieser Bodenplatte, weit überwiegend hergestellt aus nachhaltigem Material, bietet dermaßen gute Dämmwerte, dass wir inzwischen jeden Tag erleben, dass die Entscheidung richtig war.
Der Wandaufbau:

Auch bei den Wänden setzen wir ausschließlich auf nachhaltiges, möglichst naturbelassenes Material. Insbesondere bei der Innenverschalung weichen wir daher vom „normalen“ Standard in der Holzständerbauweise ab. Statt leimgebundenen OSB-Platten verwenden wir GFM-Platten. Zudem wollen wir eine Skihütten-Optik und beplanken daher alle Wände und Decken mit Glattkantbrettern aus Fichte Natur von Dufter.
Die Wände sind somit wie folgt aufgebaut (von innen nach außen):
• Innenbeplankung Fichtenbretter.
• Installationsebene mit Holzfaserdämmplatten von Pavatex
• Diagonalschalung
• Holzbalkenkonstruktion mit Zellulosedämmung
• Holzfaserdämmplatten von Pavatex
• Lattung und Konterlattung
• Bodendeckelschalung aus Lärche
Das Baumaterial:
Für sämtliche konstruktiven Holzbauteile wird technisch getrocknetes Konstruktionsvollholz (KVH) oder Brettschichtholz aus mitteleuropäischen, heimischen und regionalen Wäldern verwendet.

Die Dachkonstruktion:
Laut Bebauungsplan sind Dachziegel oder Dachsteine vorgeschrieben. Die Farbe ist frei wählbar. Walzbleche fallen somit raus, auch wenn sie sehr schön sind und sich die Regenrinnen perfekt integrieren lassen. Wir entscheiden uns für eine Dacheindeckung mit Creaton Domino, ein engobierter, dunkelgrauer, flacher Ziegel, der sich sehr gut ins Gesamtbild einfügt. Zudem haben wir uns für drei Dachfenster von Velux entschieden. Der Innenrahmen in Naturholzoptik fügt sich sehr gut in die innere Beplankung.
Das Dach ist somit wie folgt aufgebaut (oben nach unten):
• Ziegel Creaton Domino
• Lattung
• Holzweichfaserplatte von Pavatex
• Dachsparren mit Zellulosedämmung ca. 240 Millimeter Volldämmung
• GFM-Beplankung
• Innenbeplankung mit Fichte von Dufter
• Rinnen, Fall- und Standrohre aus Titanzinkblech, Anthrazit, mit allen notwendigen Zubehörteilen
• Stirnbretter und Ortgangbretter in Lärche naturbelassen

OSB versus GFM-Platten:
Da wir nicht nur nachhaltig wohnen wollen, sondern auch frei von Schadstoffen, haben wir uns gegen leimgebundene OSB-Platten entschieden. In vielen Holzständer-Häusern werden diese Platten bei der Konstruktion der Wände verwendet. Wir haben hier auf GFM-Platten zurückgegriffen. Diese Diagonal-Platten sind mit 30 Millimetern etwas dicker (und auch etwas teurer) als die OSB-Platten. Dafür enthalten sie keinerlei Leim. Fehlstellen und Astlöcher werden lediglich mit Heißwachs versiegelt. Der Rest besteht einfach nur aus Holz, verbunden über Schwalbenschwänze. Dennoch sind die Platten luftdicht und halten in allen Belangen den sehr hohen Ansprüchen der Baufirma Johnsen stand. Fakt ist: Der Dichtigkeitstest des Hauses ergab sehr gute Ergebnisse. Und wir haben jeden Tag ein sehr gutes Gefühl.

Das Farbkonzept:

Fensterrahmen, Steckdosen und Schalter, Heizkörper und Leuchten sind in Anthrazit gehalten, idealerweise in RAL 7021. Dies gilt auch für die Regenrinnen, Geschossstöße, Dachziegel, Schornstein, Eingangstür sowie die notwendige Resoplanbeplankung des Fundaments im gesamten Übergang vom Terrain über das Fundament und die Bodenplatte bis hinauf unter die Bodendeckelschalung. Nur einen Farbton zu verwenden, erleichtert und beschleunigt nicht nur die Entscheidung. Es sorgt auch für eine Klarheit und Strenge, die gut zum Baukörper passt.